Radicchio di Castelfranco

Im Veneto wird er angebaut, seinen Namen hat er von der Stadt Castelfranco,und einen grossen Auftritt hat er in der Arena von Verona

Ein Kunstwerk. Diese Form. Diese Farben. Diese zarten Blätter. Dieser Geschmack. Gut vorzustellen, dass diese ganz spezielle «Rose» die Hauptrolle in einer Oper spielt, und schon schweifen die Gedanken ab. Und wirklich, die Arena von Verona scheint bis auf den letzten Platz ausverkauft zu sein und noch immer warten Menschenschlangen draussen vor der Kasse. Während drinnen auf den Rängen schon wacker getuschelt wird: «Es soll ein Wintersalat aus der Familie Radicchio sein. Ein Meisterwerk der Natur», weiss da einer zu berichten. Eine ältere, direkt hinter ihm sitzende Frau kann ergänzen: «Ja, sein Aussehen ist wirklich umwerfend. Zwar hat er einen etwas kugeligen Wuchs, er ist aber eine prächtige Erscheinung. Seine zarten Blätter erinnern an eine schöne Rose, sie sind aber viel mächtiger.»

Ruhiger werdend, lauschen immer mehr der sich in unmittelbarer Umgebung befindlichen Zuschauer dem Gesprochenen. Und als ein junger Mann, der sich als Kunstmaler zu erkennen gibt, sich über die Farben äussert, kommt eine beinahe andächtige Stimmung auf: «Diese zarten weiss-creme-farbigen Töne sind unerreicht und wunderschön. Ebenso die auf den Blättern verteilten feinen Farbtupfer von Lila bis Weinrot. Diese Sprenkelung – einfach hinreissend. Und gleich werden wir ihn zu sehen bekommen, diesen Hauptdarsteller des Herbstes, welch ein glückseliger Moment.»

An dieser Stelle und bei so viel Lob und Vorschusslorbeeren muss sich wohl der Erzähler kurz einbringen und ebenfalls noch etwas beitragen: «Auch der Geschmack des Radicchio Varegiata di Castelfranco ist sehr angenehm. Er mundet leicht bitter-süss und dies in sehr diskreter Weise. Zudem ist er knackig-frisch. In der Küche wird er meistens roh als Salat zubereitet. Dazu werden seine Blätter gezupft und nur mit einigen Spritzern von frisch gepresstem Zitronensaft, einigen Tropfen eines feinen Olivenöls, ausserdem etwas Salz und Pfeffer aus der Mühle angemacht. Ganz kurz gekocht, zum Beispiel in einem Risotto, verhilft er diesem einfachen Gericht zu einem beinahe königlichen Auftritt.»

Was jetzt noch fehlt in dieser Geschichte, sind einige Worte eines Produzenten. Bitte sehr: «Se non è vero, è ben trovato», meint dieser zum bisherigen Verlauf. «Auch wenn das beschriebene Umfeld so nicht ganz real ist, die Fakten zu diesem edlen Salat aus Castelfranco, die stimmen. Der Radicchio di Castelfranco stammt aus dem Veneto. Hier in der Nähe von Padua, genauer in der Region der Stadt Castelfranco, wird er angebaut und trägt deshalb auch seinen Namen. Zart und hell bleibt der Salat, indem er vor Licht geschützt heranwächst. Nach dem ersten Frost wird er noch auf dem Feld stehen gelassen und mit Folien bedeckt. Später dann kommt er in abgedunkelten Räumen zu seinem bleichen Äussern und zu seinem beliebten zart-bitteren Aroma.»

Seine Saison hat der Castelfranco ab Oktober bis und mit April. Und er hofft natürlich auf noch manchen grossen Auftritt. Es muss ja nicht gerade in der Arena von Verona sein, oder?

Ein spezieller Salat

Wie gesagt, respektive geschrieben: Der Castelfranco kommt meist als Salat auf den Tisch. Die gezupften, gewaschenen und abgetropften Blätter nur mit etwas Zitronensaft und einigen Spritzern Olivenöl anmachen. Meersalz und Pfeffer aus der Mühle nach Belieben. Eine ideale Ergänzung sind feine Streifen von Mostbröckli, die ohne Fett in einer Bratpfanne kurz angebraten werden. Ebenfalls gut mundet eine Kombination von dünnen Birnenscheibchen, Parmesanspänen und Baumnuss-Splittern. Dazu gibts natürlich ein frisch gebackenes Weissbrot.

Serviervorschlag

Einfach und köstlich: Eine Birne in dünne Scheiben schneiden, dazu Parmesanspäne raffeln und ein paar Walnusskerne leicht zerdrücken. Alles mit Radicchio di Castelfranco mischen und geniessen.

 


© Suuretaler Metzgli

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